Konjunkturindikator: Milde Rezession erwartet

Veröffentlicht am: 16.11.2022

Die Konjunkturstimmung hat sich zu Beginn des Schlussquartals 2022 in Österreich weiter verschlechtert. „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator ist im Oktober auf minus 3,0 Punkte gesunken. Damit liegt der Indikator den vierten Monat in Folge im negativen Bereich.

 

„Nach der Unterbrechung des Wirtschaftsaufschwungs im dritten Quartal bestätigt die erneute Verschlechterung infolge der Energiekrise die Annahme, dass sich die österreichische Wirtschaft nun unmittelbar am Beginn einer Rezession befindet“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Das Tempo des Rückgangs des Konjunkturklimas hat sich im Oktober jedoch verlangsamt. „Wir erwarten weiterhin eine Rezession der österreichischen Wirtschaft. Durch die allmähliche Stabilisierung der Konjunkturstimmung sehen wir unsere Einschätzung bestätigt, dass die Rezession mild und relativ kurz ausfallen wird. Nur über die Wintermonate ist mit einer leicht rückläufigen Wirtschaftsentwicklung in Österreich zu rechnen“, so Bruckbauer.

Globale Abschwächung belastet die Industriestimmung
Die Entwicklung der Komponenten des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators weist auf einen aktuell recht unterschiedlichen Trend in den einzelnen Wirtschaftssektoren hin. Während am Bau der Optimismus sogar wieder etwas zugenommen hat und sich im Dienstleistungssektor, unterstützt durch eine leicht verbesserte Verbraucherstimmung, die Konjunkturabkühlung verlangsamt hat, belastet der andauernde Stimmungseinbruch in der Industrie das Ergebnis vom Oktober. „Für den erneuten Rückgang des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren ist aktuell hauptsächlich die abrupte Verschlechterung der Erwartungen in der exportorientierten Industrie verantwortlich“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Das internationale Exportumfeld trübte sich im Oktober sehr deutlich ein und dämpfte die Stimmung in der heimischen Produktion ebenso wie sinkende Auftragseingänge, nur langsam abnehmende Lieferengpässe, der Mangel an Facharbeitern und kräftige Lohnforderungen sowie steigende Sorgen über die hohen Energiekosten, welche die internationale Wettbewerbsfähigkeit belasten.“

Stagnation im Gesamtjahr 2023
Nach dem abrupten Abschwung der Konjunktur nach dem Sommer werden die großen Herausforderungen durch die Energiekrise in den kommenden Monaten noch stärker wirksam. „Ein spürbarer Rückgang des BIP zum Jahresende wird immer wahrscheinlicher. Obwohl die österreichische Wirtschaft damit bereits in eine Rezession eingetreten sein dürfte, wird im Gesamtjahr 2022 nach wie vor ein hohes Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent erreicht werden, deutlich höher als im Euroraum. Die Wirtschaftsleistung wird damit sogar um rund drei Prozentpunkte über dem Vorpandemieniveau liegen“, meint Pudschedl. Für den Euroraum erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria einen Anstieg des BIP um rund 3 Prozent für 2022, so dass die Wirtschaftsleistung um rund eineinhalb Prozentpunkte über dem Vorkrisenniveau liegen wird. Die Rahmenbedingungen für den Start ins Jahr 2023 sind sehr herausfordernd und lassen ein Andauern der Rezession in den ersten Monaten des Jahres erwarten. Insbesondere die ungünstigen Aussichten für die Industrie infolge der hohen Energiekosten werden die Entwicklung der österreichischen Wirtschaft bremsen, zumal die Investitionsbereitschaft in einem schwierigen internationalen Umfeld sehr verhalten sein wird. Der Kaufkraftverlust der heimischen Konsumenten sollte sich durch die staatlichen Unterstützungen zum Inflationsausgleich wie die Valorisierung von Sozialleistungen sowie steuerliche Änderungen wie die Abschaffung der kalten Progression in Grenzen halten. Einige Dienstleistungsbranchen könnten daher durchaus positiv überraschen. Der Rückgang der Konsumnachfrage wird in den ersten Monaten 2023 daher die österreichische Wirtschaft voraussichtlich weniger stark belasten als der Einbruch der Investitionen – und damit das Ausmaß der Rezession deutlich mildern. „Wir sind optimistisch, dass die Rezession in Österreich nur milde ausfällt und relativ kurz anhält. Mit dem langsamen Rückgang der Inflation wird sich sowohl die Konsum- als auch die Investitionsnachfrage nach dem Winter wieder zu erholen beginnen. Aber das Tempo der Erholung wird angesichts des anhaltenden Gegenwinds durch den Krieg in der Ukraine voraussichtlich sehr bescheiden ausfallen. Mit einem Anstieg des BIP um 0,4 Prozent wird die österreichische Wirtschaft nach dem schwierigen Start im Gesamtjahr 2023 jedoch praktisch nur stagnieren“, erwartet Pudschedl.

Inflation voraussichtlich noch einige Monate zweistellig
Die Entspannung bei den Preisen für Energierohstoffe spiegelt sich bislang noch nicht in der Inflationsentwicklung in Österreich wider, wird aber nach dem Winter eine Verlangsamung der Teuerung ermöglichen und damit die Konjunkturerholung unterstützen. Noch ist der Anstieg der Inflation überwiegend direkt von der Entwicklung der Energiepreise, vor allem der Preise für Gas und Strom, geprägt. Die Überwälzung der höheren Energiekosten, zum Beispiel auf die Nahrungsmittelpreise sowie andere Zweitrundeneffekte, nehmen jedoch zu und sorgen weiter für Inflationsauftrieb. Zudem stützt auch eine noch hohe Nachfrage in vielen Branchen, unter anderem im Beherbergungs- und Bewirtungsbereich, die Teuerung, die auch durch die staatlichen Kompensationsleistungen vorwiegend an einkommensschwächere Haushalte mit hoher Konsumneigung etwas angeheizt wird. Bis ins Frühjahr 2023 hinein wird die Inflation in Österreich im zweistelligen Bereich bleiben und sie wird voraussichtlich auch danach nur langsam sinken. Mit relativ hohen Lohnabschlüssen haben sich die Anzeichen verdichtet, dass in Österreich eine zumindest leichte Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt worden ist, die auch im weiteren Jahresverlauf 2023 für hohe Inflationswerte sorgen wird. „Nach durchschnittlich rund 8,5 Prozent im Jahr 2022 wird die Inflation 2023 hoch bleiben. Erst im letzten Jahresdrittel ist eine spürbare Entspannung auf Basis eines dämpfenden Einflusses der Preise für (Energie-)Rohstoffe, nachlassender Lieferstörungen und der geringeren Nachfrage zu erwarten. Dennoch ist zum Jahresende 2023 noch mit einer Teuerung von bis zu 4 Prozent im Jahresvergleich zu rechnen“, meint Bruckbauer.

Konjunkturabkühlung kommt am Arbeitsmarkt an
Mit dem abrupten Ende des Konjunkturaufschwungs hat sich die Lage am Arbeitsmarkt etwas zu verschlechtern begonnen. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote hat sich nach einem zwischenzeitlichem Tief im Sommer von 6,2 Prozent mittlerweile auf 6,4 Prozent erhöht. Ein weiterer Anstieg während der Winterrezession dürfte aufgrund der noch hohen Anzahl an offenen Stellen in vielen Branchen jedoch überschaubar ausfallen. „Wir gehen davon aus, dass der österreichische Arbeitsmarkt der Konjunkturabkühlung über den Winter gut standhalten kann. Angesichts des engen Arbeitskräfteangebots und der hohen Anzahl an offenen Stellen sollte nach einem leichten Anstieg während der Rezession im Winter im weiteren Jahresverlauf 2023 die Arbeitslosenquote trotz des nur moderaten Erholungstempos wieder zurückgehen. Im Jahresdurchschnitt 2023 erwarten wir eine Arbeitslosenquote von 6,4 Prozent, unverändert zu 2022“, so Pudschedl.

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Kommentar

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