Erfolgskurs auf grüner Welle

Veröffentlicht am: 20.04.2012

Wie sich doch die Zeiten ändern... Eine umweltbewusste Einstellung zum Druck – noch vor kurzem ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem clevere Marketer auf Kundenfang gingen – ist heute für Firmen jeder Größe eines der wichtigsten Mittel zur Steigerung der Effizienz und Rentabilität.

Text: Catherine Carter

 

Die Minimierung der Umweltauswirkungen sämtlicher Handlungen unter Berücksichtigung der Beschäftigungssituation, der Ertragslage, des Gemeinwohls und regionaler Wirtschaftsakteure – so definiert sich die ökologische Nachhaltigkeit im Unternehmensalltag. Die energieintensive Druckbranche, die stark auf Papier und daher auch Zellstoff angewiesen ist, muss nicht zuletzt die Hersteller dieser Produkte im Auge behalten: Wie steht es mit der Emissionsbilanz insgesamt, dem Wasserverbrauch, dem Abfallaufkommen sowie dem Energieverbrauch und daraus resultierenden Luftverunreinigungen? Abfall, der nicht wieder verwendet oder recycelt werden kann, sollte im Rahmen einer umfassenden Abfallwirtschaft entsorgt werden.

 

 

Gar nicht so schwer

Zudem gilt es natürlich, vor der eigenen Haustür zu kehren. Das fängt an bei recht einfachen Maßnahmen wie dem Recycling im eigenen Haus, der Auswahl recyclingfreundlicher Papiere, Druckfarben und Klebstoffe, das Überdenken der Transportverfahren oder die Schulung der Mitarbeiter, damit sie Licht und Computer beim Verlassen des Büros ausschalten. Schon etwas komplexer sind Umweltzertifizierungssysteme wie EMAS – das „EU-Öko-Audit“, ein Managementinstrument für Unternehmen und andere Einrichtungen, die ihre Umweltleistung analysieren, dokumentieren und verbessern möchten – oder die ISO 14001 Norm, die sich mit verschiedenen Bereichen des Umweltmanagements befasst. Dazu zählen Maßnahmen wie die Analyse des Energieverbrauchs vor der Anschaffung von Druck- und Weiterverarbeitungsanlagen oder Investitionen in die Nutzung regenerativer Energien.

Triebfedern für Nachhaltigkeit

Zwei Faktoren sind es im Wesentlichen, die die Unternehmen zur Einführung nachhaltiger Praktiken bewegen: neue Gesetze – sei es im privaten oder wirtschaftlichen Bereich – und ein eigenes unternehmerisches Engagement. Zahllose völkerrechtliche Verträge, internationale Initiativen, Rechtsakte internationaler Organisationen und nationale Gesetze prägen den umweltrechtlichen Rahmen für die Industrie – zum Beispiel:

  • das Kyoto-Protokoll
  • die Standards der Internationalen Organisation für Normung (ISO)
  • Energieeinspargesetze
  • Entsorgungsvorschriften für gefährliche Abfälle
  • Immissionsschutzverordnungen auf EU-Ebene:
  • die IVU-Richtlinie (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung)
  • die REACH-Verordnung (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe)
  • die WEEE-Richtlinie (Elektro- und Elektronik-Altgeräte).

 

Gesetzestreue allein aber reicht nicht aus, um die Umweltauswirkungen eines Unternehmens einschneidend zu reduzieren. Hier kommt die freiwillige Zertifizierung ins Spiel, beispielsweise nach den bereits genannten Regelwerken ISO 14001 und EMAS, die einen vergleichsweise übersichtlichen, weithin anerkannten Ansatz bieten, oder auch nach ISO 9001 – dem umfassenden Qualitätsmanagementsystem, das Unternehmen hilft, den Anforderungen ihrer Kunden und weiterer Interessenträger gerecht zu werden.

Der zweitwichtigste Motivator nach dem Gesetzgeber also ist der Markt. Wer die Kriterien einer Ausschreibung nicht erfüllt, geht leer aus. Ein weiteres Kriterium, das in den Lastenheften der Druckbranche immer häufiger auftaucht, ist die Verwendung von Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft, etwa nach Maßgabe des FSC (Forest Stewardship Council) oder PEFC (Programme for Endorsement of Forest Certification Schemes). Mehr als 125 Millionen Hektar Wald in mehr als 80 Ländern sind mittlerweile nach FSC zertifiziert. Auf PEFC entfallen weitere gut 226 Millionen Hektar in 30 Ländern.

 

Und immer wieder die CO2-Bilanz ...

Bislang fehlt es an einem internationalen Standard für die CO2-Reduzierung in der Druckbranche, doch ISO 16759 dürfte in Kürze Abhilfe schaffen. Erstmals werden damit die zahlreichen CO2-Berechnungsverfahren, die in der Druckbranche weltweit in Umlauf sind, unter einen Hut gebracht, um international eine Kultur der Verantwortung und Transparenz zu verankern. Bereits heute sind zahlreiche Druckdienstleister nach der allgemeinen Umweltmanagementnorm ISO 14001 zertifiziert, die Unternehmen quer durch die Wirtschaftszweige einen Rahmen zur Verbesserung ihrer Umweltleistung bietet. Im Unterschied dazu befähigt ISO 16759 speziell die Druckbranche, die CO2-Bilanz einzelner Erzeugnisse nicht nur zur messen, sondern auch gegenüber Kunden nach einem internationalen Standard zu belegen.

 

Emissionen auf dem Prüfstand

Druckfarben mit ihren traditionell hohen Anteilen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) sind in die Kritik geraten, doch der Trend ist günstig: So dürften etwa bis 2016 zahlreiche umweltverträglichere Alternativen zu VOC-intensiven Lösemitteltinten auf den Markt drängen – seien es „Eco-Solvent“-Tinten oder Rezepturen auf Wasserbasis. Prognostiziert wird zudem ein signifikanter Anstieg bei der Strahlungshärtung – einem neuen Verfahren mit Elektronenstrahlen, das der UV-Härtung Konkurrenz machen dürfte. Und schließlich: LED-Lampen als energieeffizientere Alternative zu herkömmlichen Härtungslampen scheinen auf dem Vormarsch.

Luftschadstoffe sind ein weiterer Faktor, der handelsübliche Druckfarben auf Lösemittelbasis in Verruf gebracht hat. Um etwas Licht in das Dunkel zu bringen, betreibt NAPIM, der Verband der US-amerikanischen Druckfarbenhersteller, unter dem Kürzel BRC (Bio-derived Renewable Content) ein Klassifizierungssystem für Druckfarben anhand des Anteils nachwachsender Rohstoffe, die bei der Produktion verwendet wurden. Nachwachsende Rohstoffe natürlicher Herkunft, beispielsweise pflanzliche Öle, so NAPIM, kommen durchaus als Ersatz für Mineralöle in Betracht.

 

Durchbruch beim Deinking?

Bis vor kurzem konnte digital bedrucktes Papier – beispielsweise aus dem Inkjetdruck – nur in sehr geringem Umfang recycelt werden. Grund war eine spezielle Papierbehandlung vor dem Druck, die herkömmliches Deinking, also das Auswaschen der Druckfarbe beim Recycling, unmöglich machte. Das Prinzip des Deinking ist die Trennung der hydrophoben (wasserabstoßenden) Farbpartikel von den hydrophilen (wasseranziehenden) Papierfasern. Dieses Verfahren aber – ideal für Erzeugnisse des Offset- und Tiefdrucks – stößt bei wasserbasierten Druckfarben, etwa aus dem Inkjet- oder Flexodruck, an seine Grenzen. Die Suche nach Lösungen läuft auf Hochtouren. Federführend sind nicht nur die INGEDE (Internationale Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik), die mit zahlreichen weiteren Akteuren im Bereich Recycling zusammenarbeitet, sondern auch Hersteller von Druckfarben und Druckmaschinen, Papierveredler und Anbieter von Papierhilfsmitteln. Einen Erfolg vermeldete unlängst die Arbeitsgemeinschaft DPDA (Digital Print Deinking Alliance): Bei einer Testreihe will sie nahezu alle geprüften Inkjet-Erzeugnisse erfolgreich von der Tinte befreit haben.

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Kommentar

Der Affront von Adobe

Mit der Headline „Papier adé: Den Druck rausnehmen“ versandte Adobe am 16. Februar eine Meldung an Medienvertreter, die es in sich hat und die Druckindustrie inhaltlich herausfordert. Der Softwarekonzern, der wohlgemerkt mit dieser großgeworden ist, schreibt wie folgt:

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